Irgendwie mag ich die kalten Wintermonate, besonders um Weihnachten und Neujahr herum nicht so besonders. Nicht, dass ich den Schnee nicht gern habe, den liebe ich nämlich über alles. Am liebsten habe ich es sogar, wenn mir mein Frauchen einen Schneeball wirft und ich ihn mit meiner weit aufgerissenen Schnauze noch im Sprung fangen kann.
Es liegt glaube ich eher daran, dass sich um diese Zeit herum der Todestag meiner Hundeschwester Amelie jährt, welche aufgrund eines unvorhersehbaren Unfalls ums Leben gekommen ist.
Wie es bei Geschwistern so üblich ist, hatten meine Hundeschwester und ich dementsprechend auch unsere Auseinandersetzungen, welche der Familie meines Frauchens die Haare wortwörtlich zu Berge stehen ließen.
Vom wilden Raufen bis hin zum zärtlichen Kuscheln am Abend in unserem Körbchen, so war für jeden Gemütszustand etwas dabei.
Wenn sich der Todestag meiner Schwester jährt schauen mein Frauchen und ich uns in diesen Tagen besonders tief in die Augen und denken uns beide, was wir hätten anders machen können. Besonders mein Frauchen hadert heutzutage noch schwer mit sich, wenn es um dieses Thema geht und wenn ich ganz nahe bei ihr liege, kann ich den tief fest sitzenden Schmerz in ihrem Herzen, selbst spüren und wahrnehmen.
„Ach Anna, wenn du wüsstest, dass du dir selbst keine Schuld geben sollst und kein ständiges Kopfzerbrechen machen sollst“, denke ich mir und schlecke ihr zärtlich über die Handaußenfläche.
Sie lacht dann immer, schubst mich ein wenig von sich weg, bevor ich wieder zu ihr angekrochen komme. So gern ich Anna meine Bussis in Form eines Schleckers verabreiche, so wenig mag sie meine kalten Küsse an der Hand. Aber was soll’s, ich mags und ich glaube sie im Grunde auch.
Ich lege mich wieder ganz nah an mein Frauchen heran und schaue ihr dabei in die Augen.
„Amelie geht es gut und sie hat dich über alles lieb. Das weiß ich deswegen, weil ich sie manchmal um mich herum habe und mit ihr spreche.“, denke ich weiter. Das weiß mein Frauchen ja gar nicht.
Wie soll das denn überhaupt funktionieren?
Immerhin existiert sie im Grunde ja gar nicht mehr?
Sehen heißt nicht glauben.
Glauben heißt sehen.
So habe ich neben meinen Fähigkeiten alle Menschen/ Tiere/ Plüschtiere und Pflanzen überall auf der Welt zu verstehen, und die Möglichkeit mit ihnen reden zu können, auch noch die Gabe mit den verstorbenen Liebsten meines Frauchens zu kommunizieren.
Zum Glück sind das nicht viele und sie zeigen sich mir nicht immer, aber besonders in Momenten in denen mein Frauchen traurig ist, Trost braucht, Hilfe oder Unterstützung benötigt, oder in ganz besonderen Momenten des Glücks und der Freude am Leben, spüre und sehe ich sie um uns herum.
Das könnt ihr euch wie folgt bildlich vorstellen.
Die handelnden Personen kann ich euch schnell an meinen Pfoten abzählen.
Da wären; ihre über neunzigjährige Tante Maria, ihre Großmama Irmgard, die semmelbraune Golden Retriever Hundedame Emma und eben meine rein weiße Parson Russell Terrier Hundeschwester Amelie.
Die alte Tante Annas hat ungefähr die Größe eines Minions, sprich sie ist für eine Dame kleiner als klein. Sie trägt immer ein freundliches Lächeln in ihrem Gesicht und das graue Haar ist passend vom Friseur zu einer Omi- Frisur getürmt. Um das Handgelenk trägt Tante Maria anstatt einer Tasche eine Papiertüte von Victoria Secret, pink gestreift.
Wenn es regnet ist auch noch ein Schirm um ihr Handgelenk gelegt und so spaziert sie freudig hin und her, lacht, klatscht dabei in die Hände und berührt mein Frauchen Anna, welche nichtsahnend in ihrer eigenen Welt beschäftigt ist, liebevoll an den Wangen.
Die Großmama von Anna, an welche sie sich nur noch vage erinnern kann, heißt Irmgard. Sie ist eine edle Frau mit blonden kurz gelockten Haaren. Ihr strenger Blick hat etwas besorgtes und liebevolles zugleich an sich, da sie stets eine schützende Hand über mein Frauchen legt. Wenn sie mir erscheint sitzt sie meist bequem auf einem Sessel, mit einer qualmenden Zigarette in der Hand.
Zu ihren Füßen liegen eng aneinander zusammengerollt die Hündinnen Emma und Amelie. In der Ruhe liegt die Kraft ist Irmgards Devise und so beobachtet sie meist das Geschehen um mein Frauchen herum, bevor sie ihr einen Klaps an Energie und Schutz abgibt.
Emma und Amelie haben sich vom ersten Moment ihrer Begegnung verstanden und lieb gewonnen, deswegen findet man beide immer nur zusammen vor.
Emma ist der gutmütigste Hund den ich je kennengelernt habe. Tiefen entspannt und mit einem großen Herzen.
Amelie ist aufgeweckt und fröhlich, fast schon tollpatschig und blind vor Liebe an mein Frauchen. Sie möchte die meiste Zeit um mein Frauchen herumschwirren. Emma bremst sie dann stets ein, da mein Frauchen ihr Leben in vielen Situationen alleine meistern soll.
Das Besondere an der Anwesenheit der vier Damen besteht darin, nicht alle Momente mit meinem Frauchen gemeinsam zu teilen und zu erleben, sondern jene, in denen man unbewusst jemanden um sich benötigt.
Versteht Amelie einmal nicht was zu tun ist, liegt das entweder daran, dass sie so von meinem Frauchen fasziniert ist, weil sie sie über alles liebt, oder an der Tatsache, dass sie einfach nichts hört. Zum Glück ist Emma die geduldigste und in sich geruhte Golden Retriever Hündin die ich kenne, welche verständnisvoll ist und Amelie auf anderen Wegen zeigt, was zu tun ist gibt es Situationen in denen Anna sie braucht.
Ihr seht also in Momenten in denen man sich alleine und kraftlos fühlt, darf man die Hoffnungen nicht verlieren und sich selbst eingestehen, dass man stärker ist als man denkt. Und so ist das auch bei meinem Frauchen, die sich oft viel zu wenig zutraut, jedoch so viel mehr in ihr steckt, als sie vermuten mag.
Also weg vom Kummer und unnötigen Sorgen machen, her mit Genießen und dem Glücklich sein. Anna du wirst sehen, auch in diesen Situationen bist du von deinen Liebsten umgeben, auch wenn du es selbst nicht siehst.
Obwohl meine Hunde- Schwester nicht mehr bei uns ist, so ist sie dennoch bei uns. In unseren Gedanken, aber auch in unserem Herzen und somit immer spürbar anwesend. So gilt dies für sie aber auch für alle anderen die wir gern haben.
Eure LILO.
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